"Sexarbeit ist in der nigerianischen Gesellschaft noch immer sehr verpönt. Das Ziel meiner Arbeit ist einzig und allein, Frauen, die als Sexarbeiterinnen tätig sind, zu humanisieren und ihnen zu ermöglichen, als Menschen wahrgenommen zu werden, die ihre grundlegenden Menschenrechte und ihre Würde verdienen.“ So fasst die nigerianische Fotografin Vanessa Endeley ihre fortlaufende Fotoserie und kurzen Film „Working Women“ zusammen. Anstoß für ihr Projekt war ein Missbrauchsfall von staatlicher Stelle in ihrem Heimatland. Im Jahr 2019 verhaftete die Polizei in der Hauptstadt Abuja mehrere Prostituierte und schlug ihnen ein niederträchtiges Tauschgeschäft vor: ihre Freiheit gegen sexuelle Dienstleistungen. Sowie in etlichen anderen Ländern der Welt gilt das Verbot der Prostitution in Nigeria als ein willkommener Vorwand bei vielen Menschen, die Augen vor der prekären Lage dieser Frauen zu verschließen. Vanessa Endeleys Arbeit wurde bereits beim Fotofestival von Lagos im Jahr 2019 ausgestellt. Endeley ist eine autodidaktische bildende Künstlerin, Dokumentarfotografin, die in Lagos geboren und aufgewachsen ist. In ihrer Arbeit setzt sie einen Fokus auf soziale Ungerechtigkeiten, die nigerianische Frauen betreffen. Sie studierte Fotografie und Fotojournalismus in London.
Es ist der Versuch etwas von dem Leben dieser Frauen aufzufangen. Die Fotografin Luo Yang, eine der Bekanntesten in China meidet das Wort Frau und verwendet lieber den Begriff « Girls », « weil ich hoffe dass sie immer Mädchen bleiben unabhängig ihres Alters, sie sind für immer jung und wunderschön, betrachten die Welt mit Begeisterung und Einbildungskraft wie der Beginn von allem ». Diese Serie von der wir Bilder aus Peking veröffentlichen, hat die Fotografin im Jahr 2007 als sehr persönliches Projekt begonnen. Sie fing an Mädchen und Frauen in ihrer direkten Umgebung zu fotografieren. Diese intimen Porträts zeigen Girls die fragil, schüchtern und zugleich stark und selbstbewußt sind, « voll mit Hoffnung und in latenter Krise ». Ihnen gemein ist die Suche nach Orientierung und Selbstfindung in einer Welt voller Umbrüche. Sie sprechen zwar noch nicht von « Feminismus », aber ihre Haltung und ihr Verhalten zeigen ein anderes China, in dem eine neue Konzeption von Weiblichkeit und Identität auf traditionnelle Vorstellungen und Erwartungen aufeinanderprallen. Luo Yang, Jahrgang 1984, ist in der Provinz von Liaoning aufgewachsen. Nach einem Studium an der Lu Xun Academy of Fine Arts in Shenyang, entschied sie sich als Fotografin zu arbeiten. Heute lebt und arbeitet sie in Peking und Shanghai. Luo Yang’s Arbeit wurde überall in China sowie in vielen Städten Europas unter anderem Berlin, ausgestellt. 2012 bezeichnete sie Ai Weiwei als einen « der aufsteigenden Stars der chinesischen Fotografie ». Danach nahm sie an seiner Show « Fuck off 2 » in dem Groninger Museum in den Niederlanden teil.
Was denken sie? Welche Geschichte haben sie? Diese Fragen stellte sich Melissa Breyer als sie New-Yorker Kellnerinnen fotografierte. Ihre Serie « The Watchwomen » führt uns auf eine Reise zu nachdenklichen, verlegenen, manchmal nostalgischen Gesichtern, die zugleich die Vielfalt in der amerikanischen Metropole widerspiegelt. Es sind Frauen, die Kaffee machen, Essen bringen, Fenster putzen und Tische decken. Diese Arbeit ist der heutigen Fotografin und Autorin selber nicht unbekannt. Als sie in New York City ankam, arbeitete sie auch in einige Restaurants. Ein klassischer Job « für Menschen die in der Stadt mit leerem Gepäck und einem Kopf voller Träumen ankommen ». Zwischen ihren verschiedenen Aufgaben, gab es immer wieder stille und ruhige Augenblicke. Es war der Moment wo sie ihre Gedanken schweifen liess « wie Wolken die leere Plätze füllen ». Sie dachte an Kunst, die sie gern machen würde, an Briefe die sie noch schreiben sollte oder an Gespräche die sie geführt hatte. Inzwischen arbeitet Melissa Breyer nicht mehr als Kellnerin, aber jedes Mal, wenn sie solche Frauen sieht, die in Gedanken versunken sind, « erinnert sie sich an diese uneingeschränkten Tagträume ». Ihre Bilder zeigen, dass diese « Frauen viel mehr als ihre Jobs sind: ich sehe deren Grazie und Würde selbst in der Kleinsten ihrer Gesten. ». Deswegen hat sie sich entschieden den Namen « Watchman », der früher für diesen Beruf verwendet wurde, zu übernehmen und ihn zu feminisieren. Daher die Watchwomen, weil beim « watching » (wachen) es mehr um Macht und Versorgung geht als beim « serving » (servieren). Viele Bilder dieser Serie wurden 2017 in The New York Times veröffentlicht.
Diese Frauen scheinen nicht zu laufen, sie schweben. Ob sie alt oder jung, im Studium oder im Arbeitsleben, arm oder reich, traditionell oder modern sind, die Tokioterinnen, die in der Fotoserie Grace auftauchen, bewegen sich mit einer unvergleichbaren Grazie. Die bulgarische Fotografin Venelina Preininger hat einige Jahre in Japan gelebt und war "beeindruckt von der Fähigkeit der Japanerinnen mit ihrer innerlichen Weiblichkeit verbunden zu bleiben". Mit dieser Fotoserie, die mit dem Silver Prize bei der Fine Art Photography Awards (FAPA) 2015 prämiert wurde, wollte Venelina Preininger "einen visuellen Essay über japanische Grazie und Weiblichkeit" schaffen. Die ehemalige Bänkerin nutzt Fotografie als ein kreatives Instrument um die emotionale Essenz von Menschen, Beziehungen, Orten aufzufangen. Ihre Arbeit wurde mehrmals bei der International Photography Awards (IPA) und der Fine Art Photography Awards (FAPA) ausgezeichnet.
Mutige, starke, entschlossene, konzentrierte, manchmal auch nachdenkliche und müde Blicke begegnen uns in dem schönen Bildband SAYEDA. Frauen in Ägypten. Women in Egypt. Femmes d'Égypte der Fotografin Amélie Losier. Die Französin, die schon lange in Berlin lebt, ist mehrmals nach Kairo gereist und hat dort etwa 40 Frauen aus allen Milieus, Alter und Situationen getroffen: Journalistinnen, Aktivistinnen, Professorinnen, Köchinnen und Putzfrauen, Taxifahrerinnen, Künstlerinnen, Ledige, Alleinerziehende, Hausfrauen, Konservative, Liberale, Emanzipierte... . Fast alle berichteten über die vielen Diskriminierungen und Belästigungen, die Frauen dort alltäglich erleben. Im Kontrast zu den Bildern der Straßen in Kairo, die den Lärm und die Hast zeigen, verleihen diese Porträts meistens aufgenommen in den Privaträumen dieser Frauen, Intensität und Ruhe. Als ob man selber Gast in ihren Wohnungen wäre, teilt man mit ihnen, für einen Moment, ihre Schwierigkeiten, Träume und Hoffnungen.
Amélie Losier, SAYEDA. Frauen in Ägypten. Women in Egypt. Femmes d'Égypte. NIMBUS. Kunst und Bücher. 2017